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Arnd v. Sandow
Ritter des Deutschen Ordens, Comtur zu Langeln,
Senior und Statthalter der Ballei Sachsen

Einleitung

Arnd v. Sandow, dem diese Seiten gewidmet sind, war weder ein Held, noch ein bedeutender Politiker, Wissenschaftler oder Künstler. Zumindest aber hat er innerhalb einer der größten Krisen, von denen die Deutschordens-Ballei Sachsen jemals betroffen war, Verantwortung übernommen und sein Schicksal ist doppelt von Interesse aufgrund der Zeit, in der er seine Ämter ausübte: die Zeit des 30jährigen Krieges. 

Der Deutsche Orden geht ursprünglich auf ein um 1190 von Lübecker und Bremer Kaufleuten in Jerusalem gegründetes Spital zurück, aus dem 1199 ein Ritterorden wurde. In Palästina trat dieser Orden eher am Rande in Erscheinung, wurde aber ab 1231 sehr bedeutend in der Mission und Kolonisierung in den Gebieten des späteren Preußen, Lettland und Litauen, wo er schließlich einen eigenen Staat gründete. Als der damalige Hoch- und Deutschmeister (der oberste Leiter des Deutschen Ordens) 1525 zum Protestantismus übertrat und Preußen als normales Fürstentum für seine Familie (die Hohenzollern) beanspruchte, blieb trotzdem der Deutsche Orden als katholischer Ritterorden erhalten.

Der neue Hauptsitz des Ordens lag im fränkischen Mergentheim. Zu seiner Organisationsstruktur gehörten unterhalb der obersten Führungsebene sogenannte Balleien auf der Ebene von größeren Regionen. Der Leiter einer Ballei wurde, wenn er gewählt und durch den Hochmeister bestätigt worden war, als Landcomtur bezeichnet. Nach dem Tod eines Landcomturs konnte eine Ballei auch vorübergehend durch einen erfahrenen anderen Ordensritter geleitet worden, der dann als Statthalter bezeichnet wurde.

Eine Deutschordensballei bestand üblicherweise aus einer mehr oder weniger großen Anzahl einzelner Ordenshäuser mit eigenem Grundbesitz und teils weitergehenden Rechten. Diese Ordenshäuser hießen Commenden, der Leiter einer Commende wurde als Comtur bezeichnet.

 

Doch nun zur Geschichte Arndt v. Sandows:

Wappen des A.v.S. nach Beschreibung durch Joachim Ernst v. Hopfkorf,
Zeichnung: G.M. Sbriglione

 

Herkunft

 

Geboren wurde Arndt v. Sandow aller Wahrscheinlichkeit nach vor 1590 (sein genaues Geburtsjahr ist nicht bekannt, doch dürfte er aufgrund des üblichen Eintrittsalters in den Deutschen Orden kaum später geboren sein) entweder in Lögow (am wahrscheinlichsten) oder in Metzelthin, einem der beiden Hauptsitze seiner Familie in der Grafschaft Ruppin. Sein Vater, Abraham v. Sandow, saß als jüngerer Sohn der Familie auf dem Gut Lögow, beerbte aber 1625 seinen älteren Bruder Albrecht, der anscheinend kinderlos starb. Arndts Mutter, Elisabeth v. Fratz, stammte als Nachfahrin dieser ehemals angeblichen Raubritterfamilie aus dem nahe gelegenen Kränzlin.

Arndt hatte mindestens einen Bruder (Wilhelm) und eine Schwester, von der wir leider den Namen nicht kennen, aber wissen, dass sie mit einem Hans v. Jugard in Groß-Wusterwitz verheiratet war. Ob ein anderer weiblicher Abkömmling vermutlich dieser Sippe (es gab auch noch andere v. Sandows), eine mit einem Joachim v. Buchholz verheiratete Hyppolitha v. Sandow ebenfalls seine Schwester war, wissen wir leider nicht. Dafür wissen wir, dass Arndts Familie, wie viele andere kleinere Adelsfamilien seiner Zeit auch, nicht sonderlich vermögend war, dass sie vielmehr noch aus Zeiten seines Großvaters stammende Schulden hatte, die anscheinend erst zu Zeiten Arndts und Wilhelms von der Familie beglichen werden konnten. Dann kam der 30jährige Krieg dazwischen und mit ihm massive Plünderungen und Verwüstungen durch sich wiederholende Einquartierungen und Truppendurchmärsche sowohl der Schweden, als auch der Kaiserlichen. Neben der Pest am schlimmsten wirkten wohl die Kaiserlichen unter dem Feldherrn Gallas, die bei ihrem Abzug im Herbst 1638 eine Kleinstadt (Wildberg) und 28 Dörfer in Brand steckten und etliche Rittergüter plünderten. So machte die Familie wieder Schulden und sah sich gezwungen, 1654 ihr Rittergut in Lögow an die Familie v. Gühlen zu verkaufen, um diese als einen ihrer Kreditgeber zu befriedigen.

Pfarrkirche zu Metzelthin, dem Hauptsitz derer v. Sandow,
Foto: G. M. Sbriglione

Ordenseintritt

Die Ballei Sachsen des Deutschen Ritterordens litt in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter massiven Nachwuchsproblemen, deren genaue Ursachen wir nicht kennen. In Betracht kommen aber Misswirtschaft bzw. mangelnde Rentabilität, zu große Nähe des Ordens zum Kaiserhaus der Habsburger (die schließlich massiven Einfluss auf die Ernennung der Deutschmeister nahmen) und das erzwungene Keuschheitsgelübde, das in diesem ja weitgehend katholischen Orden (nur die Balleien Sachsen, Thüringen, Hessen und Brandenburg waren protestantisch) auch von den protestantischen Rittern abgelegt werden musste. Die Geschichte gerade der Ballei Sachsen liefert allerdings genügend Belege, dass dieses Gelübde keineswegs von allen Rittern eingehalten wurde und eigentlich in erster Linie den Zweck hatte, Ansprüche möglicher legitimer Erben an den Orden zu unterbinden.

Für den Adel dürfte der Deutsche Orden damals ähnlich Klöstern und kirchlichen Ämtern dazu gedient haben, "überschüssigen" männlichen Nachwuchs zu versorgen und damit den Familienbesitz zusammenzuhalten, statt ihn durch zu viele Erben zu zersplittern. Sollte dies im Falle des Arndt v. Sandow auch so geplant gewesen sein, müssten die potentiellen Haupterben schon vor dem Tod ihrer Eltern das Zeitliche gesegnet haben: Arndt und Wilhelm waren die einzigen urkundlich erwähnten männlichen Mitglieder der Familie innerhalb ihrer Generation.

 

Arndt v. Sandow trat am 07.11.1614 in Lucklum unter dem Landcomtur Joachim v. Hopfkorf in den Deutschen Orden ein. Das darüber erhaltene Dokument ist der früheste erhaltene Beleg seiner Existenz überhaupt. Nach den Ordensregeln musste er dafür neben seiner adeligen Herkunft auch seine körperliche und geistige Unversehrtheit, sowie Schuldenfreiheit nachweisen, wofür ihm sein Schwager Hans v. Jugard und sein Freund Hans Christoph v. Schköln als Zeugen dienten. Nach Ordenssatzung dürfte er vorher eine Probezeit absolviert haben und sollte (idealerweise im Einsatz gegen die Türken) seine Streitbarkeit und Einsatzbereitschaft für den Orden unter Beweis gestellt haben. Leider fehlt uns hierfür (möglicherweise aufgrund schlechter Quellenlage) jeglicher Beleg.

Rest einer Sitzbank aus der Zeit des A.v.S. in der Commende Bergen,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Hauscomtur zu Berge

Ebenso jeglicher Beleg fehlt uns für den Beginn seiner Tätigkeit als Hauscomtur der Commende Bergen in der Frühzeit seiner Ordenskarriere. Ein Hauscomtur war damals als Unterstützer des eigentlichen Comturs für die inneren Belange einer Ordenscommende zuständig, sofern sich dieser nicht oder nur bedingt darum kümmern konnte. Arndts unmittelbarer Chef war damals Balthasar v. Eimbeck, der als Coadjutor (Stellvertreter) der Ballei Sachsen zugleich der designierte Nachfolger des Landcomturs war und angesichts der politisch angespannten Lage kaum Zeit für seine Commende erübrigen konnte. Nun ist es keineswegs selten, dass einfache Mitarbeiter eines Betriebes (und was war eine Commende schon anderes) um so weniger Neigung haben, sich einem unerfahrenen Neuling mit eingeschränkten Machbefugnissen zu beugen, je angesehener der eigentliche Chef ist: Arndt v. Sandow hatte entsprechend in seiner Anfangszeit immer mal wieder mit Unbotmäßigkeiten seiner Untergebenen zu kämpfen, von denen etwa ein eingeworfenes Fenster, unerlaubte Selbstbeurlaubung und üble Nachrede urkundlich belegt sind, die durch Arndt jeweils mit einigen Tagen Einkerkerung bestraft wurden.

Insgesamt muss er jedoch seinen Vorgesetzten und den Landcomtur von seinen Fähigkeiten überzeugt haben: 1625 wurde er zum unter Balthasar v. Eimbeck eingesetzt, der ihm am 01.02.1632 die volle Comturwürde abtrat. Sein Vorgänger als Comtur war der 1625 gestorbene Hoyer v. Lauingen gewesen, der die Commende sehr erfolgreich geleitet hatte.

ehemalige Deutschordenscommende Bergen,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Hauscomtur zu Langeln

Im Jahre 1625 war der Langelner Comtur Hoyer v. Lauingen gestorben. Hoyer v. Lauingen hatte die Commende Langeln besonders erfolgreich geleitet, weshalb vermutlich auch seiner illegalen Familiengründung (er trennte strikt zwischen Ordens- und Privatbesitz und hinterließ seinen legitimisierten Kindern angeblich nur letzteren) nicht weiter nachgegangen wurde. Langeln erschien so bedeutend, dass Balthasar v. Eimbeck diese Commende zunächst zusätzlich zu Bergen selbst als Comtur übernahm. Noch im gleichen Jahr wird Arndt v. Sandow dort unter ihm als Hauscomtur genannt. Da Balthasar v. Eimbeck sich schwerpunktmäßig um Bergen und um die Angelegenheiten der Ballei insgesamt kümmern musste, war dies ein besonders verantwortungsvoller Posten.

Arndt v. Sandow hatte zwar in Berge einiges gelernt, doch konnte ihn dies kaum hinreichend darauf vorbereiten, was ihn in Langeln erwartete: der 30jährige Krieg erreichte das nördliche Harzrandgebiet...

Am 08.10.1625 bezogen Graf Heinrich v. Schlick und ein Herzog von Sachsen Quartier im nahe gelegenen Zilly, am 13.10. traf der kaiserliche General Wallenstein in der Region ein, dessen Truppen am 16.10. erstmals auch Besitztümer der Commende Langeln einschließlich des Dorfes plünderten, während Ordenshaus und Kirche zunächst noch gegen Bezahlung vor Plünderungen geschützt wurden. Dafür wurden diese am folgenden Tag so weitgehend ausgeraubt, dass die Angestellten der Commende, die sich während der Plünderung versteckt hatten, nach Aussage Arndt v. Sandows auf Lebensmittellieferungen aus Zilly angewiesen waren, um nicht hungern zu müssen. Arndt v. Sandow hatte nach eigener Aussage erfolglos versucht, die Plünderung zu verhindern: sogar seine eigenen Hosentaschen wurden geleert. Erneute schwere Plünderungen der mittlerweile erneuerten Vorräte erfolgten am 05. und 06.05.1626 und danach immer mal wieder, je nach dem, ob gerade eine der Kriegsparteien in der Region ihren Aufenthalt oder Durchzug hatte.

Dass es unter diesen Umständen kaum noch möglich war, erfolgreich zu wirtschaften, dürfte wohl einleuchten.

In unterschiedlichem Maße waren von diesen Plünderungen außer den angrenzenden Gebieten auch weitere Ordenscommenden betroffen. Einzelne Befehlshaber gaben zwar (wohl gegen Bezahlung) Schutzbriefe aus, doch machte u.a. auch die Commende Langeln die Erfahrung, dass diese Briefe von den Soldaten nur mit Glück anerkannt wurden.

Kirche der ehemaligen Commende Langeln,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Streitigkeiten mit den Grafen von Wernigerode

Eine weitere Belastung für die Commende Langeln wurden die durch den Grafen von Stolberg-Wernigerode, Heinrich Ernst, ab 1627 eingetriebenen Contributionen, deren Legitimität durchaus zweifelhaft war. Der Kampf gegen diese Contributionen sollte Arndt v. Sandow während seiner gesamten weiteren Laufbahn beschäftigen.

Die Grafen standen finanziell aufgrund der vielen Durchmärsche, Einquartierungen und von ihnen selbst zu leistenden Contributionen ihrerseits unter massivem Druck und versuchten zum Schutz ihres Landes mit allen einigermaßen vertretbaren Mitteln, ihre Einnahmen entsprechend zu erhöhen.

Bei dem Streit um die Contributionen ging es jedoch letztlich nicht nur um Geld, sondern um Grundsätzlicheres: der Deutsche Orden beanspruchte die völlige juristische und finanzielle Verfügungsgewalt über seine Ordensgüter, während die jeweiligen Landesherren versuchten, ihrerseits die Gewalt (bis hin zum Besetzungsrecht) über dieselben in ihre Hand zu bekommen.

Die meisten Comture scheinen sich angesichts der massiven Bedrohung von außen mehr oder weniger anstandslos den Forderungen der Landesherren gebeugt zu haben. Arndt v. Sandow jedoch verweigerte zunächst strikt jede Zahlung, teils mit der Begründung, dass nichts geben könne, wer nichts habe, teils aber auch ganz klar mit dem Hinweis, er halte die Forderungen des Grafen schlicht für illegal, gegen die Souveränität seines Ordens, damit gegen seinen Treueeid und gegen sein Gewissen gerichtet. Aus den erhaltenen Akten ist zu ersehen, dass in dieser Frage tatsächlich er selbst und nicht Balthasar v. Eimbeck oder der Landcomtur die treibende Kraft war, wenn er auch zunächst bei diesem und schließlich auch direkt beim Deutschmeister politische Unterstützung suchte.Schließlich versuchte die gräfliche Verwaltung zu Wernigerode teils, die Zahlungen durch Pfändung von Ordenseigentum und Aussendung von Bewaffneten zu erzwingen, teils den Orden durch eine Ermäßigung der Zahlungen zum Einlenken zu bewegen. Diese Kombination (insbesondere mit dem Zwang) scheint Arndt tatsächlich zum bedingten Einlenken gebracht zu haben: er äußerte in einem Brief an den Deutschmeister, dass er nur unter direkter Gewaltandrohung zahle, um den Grafen durch dessen Gewalt noch weiter ins Unrecht zu setzen. Da Verletzungen der Ordenssouveränität nicht nur im Fall Langeln, sondern auch bei anderen Ordenscommenden und mit anderen Landesherren stattfanden, zog schließlich der Deutschmeister die Sache an sich und initiierte einen Prozeß vor dem Reichskammergericht.

Ein anderes Problem, ein Streit um die Besetzung der Pfarrei Langeln, wurde unter Beteiligung Arnd v. Sandows und des Landcomturs so geregelt, dass ausnahmsweise der vom Grafen benannte Pfarrer anerkannt, in Zukunft aber grundsätzlich die Zustimmung des Ordens unter Gewährung eines Vorschlagsrechtes der Grafen gelten sollte.

Gelegentlich wurde Arnd v. Sandow damals auch im Auftrag des Landcomturs auf Reisen geschickt, so etwa 1630 nach Göttingen, wo er als dessen Bevollmächtigter die Investitur für Burchard Klencke, den zukünftigen Comtur der dortigen Ordenscommende, durchführte.

 ehemalige Deutschordenscommende Göttingen,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Statthalter der Ballei Sachsen

Ende 1631 starb Landcomtur Joachim v. Hopfkorf. Balthasar v. Eimbeck übernahm daraufhin als Statthalter die Leitung der Ballei Sachsen. Wenig später, am 02.03.1632, übertrug er Arndt v. Sandow sein Amt als Comtur zu Langeln.

Am 13.03. dieses Jahres segnete auch Balthasar v. Eimbeck das Zeitliche, während die Kriegswirren die Ballei nahezu auseinander rissen: einige Commenden wurden von ihren Leitern in Stich gelassen, andere geplündert, wieder andere von Vertretern der örtlichen Fürsten und Machthaber besetzt. In dieser chaotischen Situation erhielt Arndt v. Sandow das höchste Amt, das er jemals erreichen sollte: er selbst wurde als ranghöchster Ordensritter im Harzraum, wenn auch nur bis zur Wahl eines neuen Landcomturs, zum Statthalter der Ballei Sachsen ernannt.Als Statthalter erreichte er anscheinend recht wenig, zumindest gibt es nur wenige Quellen, die überhaupt eine Aktivität seiner Person in dieser Phase belegen. Da mit dem Tod seiner beiden Vorgesetzten sowohl die Commende Lucklum (der im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel gelegene Hauptsitz des Landcomturs), als auch Bergen (als Hauptsitz v. Eimbecks) führerlos wurden, gehörte es zunächst zu seinen vorrangigen Aufgaben, diese weiterhin für den Orden zu sichern. Lucklum war aufgrund einer Schlacht auf den umliegenden Feldern stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dennoch aber offensichtlich "interessant" genug, dass der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel sie (obwohl er dazu nicht wirklich das Recht hatte) mit Unterstützung der Schweden an den Johanniterorden verschachern wollte.

Bergen wurde sofort nach Bekanntwerden des Todes v. Eimbecks im Auftrag des schwedischen Statthalters Ludwig von Anhalt-Köthen durch dessen Vertreter Heinrich Am Hoff besetzt.

Arndt v. Sandows Proteste verhallten nahezu ungehört, da er angesichts einer im Grunde feindlichen Umgebung (der Deutsche Orden war seit 1624 offiziell mit dem Kaiser verbündet) zwar das Recht auf seiner Seite hatte, nicht jedoch die Mittel, dieses auch durchzusetzen. Immerhin war Am Hoff aber zugänglich genug, eine aktuelle Bestandsaufnahme der Gebäude und des Inventars der Commende Berge zu gestatten, die Arndt v. Sandow möglicherweise als Grundlage für Schadensersatzforderungen zu gelegenerer Zeit nutzen wollte.

Das Problem Lucklum wurde anscheinend durch Zugeständnisse an den Herzog und durch direkte Verhandlungen mit der schwedischen Königin angegangen. Dies geschah allerdings nicht mehr durch Arndt v. Sandow, sondern durch den noch 1632 unter seiner Leitung neu gewählten Landcomtur Leopold Ernst v. Hopfkorf.

ehemalige Deutschordenscommende Lucklum,
Foto: G. M. Sbriglione

Die Altfrau

Irgendwann um diese Zeit muss Arndt v. Sandow eine Dienstmagd verpflichtet haben, die, wie aus einer späteren Beleidigungsklage bekannt, seinerzeit wohl ziemlich heruntergekommen und "verlaust" war (dies hat sie selbst zugestanden) und überdies (zumindest im Nachhinein) mit einem schlechten Ruf belastet wurde (sie wurde u.a. als "Grafenhure" beschimpft).

Abgesehen von ihrem damaligen Zustand muss Marie Diedrichs (sie selbst schrieb sich "Diercks") eine bemerkenswerte Frau gewesen sein: immerhin vermochte sie es als einfache Frau aus dem Volk einen pflichtbewussten Ordensritter, wie Arndt v. Sandow an sich zu binden, konnte offensichtlich sogar lesen und schreiben (ein späterer Brief von ihr hat sich erhalten) und verfügte über Schlagfertigkeit und einen gewissen Witz (wie aus der Beleidigungsklage und aus dem genannten Brief hervorgeht).

Maries genaue Herkunft ist unsicher: möglicherweise Dardesheim, wo sie später zeitweise gelebt hat, möglicherweise Wernigerode, Altenrode (dort wäre eine Gelegenheit gewesen, sie im Zuge einer Jagd kennen zu lernen, da die Commende Langeln dort ein Forsthaus besaß) oder Darlingerode, wo sie 1637 das jüngere und einzig überlebende ihrer zwei Kinder mit Arndt v. Sandow zur Welt brachte, ihren Sohn Wilhelm. Zu dieser Zeit war Marie innerhalb der Commende offiziell zur "Altfrau", zur leitenden Dienstmagd, aufgestiegen. Marie Diedrichs starb 1660 im Alter von 54 Jahren und wurde am 11.03.1660 in Langeln beerdigt.

der Neumarkt in Wernigerode mit heutiger Bebauung,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Gerichtsverfahren und Konflikte

An dieser Stelle mag es interessant sein, zu wissen, dass Arndt v. Sandow immer mal wieder als Kläger und Beklagter, aber auch gelegentlich als Zeuge vor dem Vogteigericht zu Wernigerode auftrat, das (so ungünstig dies angesichts der ständigen Auseinandersetzungen mit den Grafen auch sein mochte) die hohe und niedere Gerichtsbarkeit über die Commende Langeln besaß (und zwar wohl tatsächlich rechtmäßig). Die Inhalte dieser Klagen betrafen beispielsweise die Rückzahlung von Schulden aus der Zeit Hoyers v. Lauingen an die Commende Langeln, den betrügerischen Verkauf eines schlechten Pferdes an dieselbe und – als wichtigsten Klagepunkt gegen Arndt v. Sandow – dessen schon genannte Weigerung, Contributionen an den Grafen von Wernigerode zu zahlen.Daneben gab es noch:

a) ein Prozeß wegen nicht bezahlter Miete, den die Erbin des Hauses angestrengt hatte, das er in Wernigerode zu mieten gezwungen war, als der Aufenthalt in Langeln aufgrund der Unsicherheit der Straßen zu gefährlich geworden war: Arndt v. Sandow gab als Begründung für seine mangelnde Zahlungsbereitschaft den schlechten Zustand der Wohnung (übrigens am Neuen Markt gelegen) an, das er erst auf eigene Kosten habe in einen erträglichen Zustand bringen müssen;

b) die oben erwähnte Beleidigungsklage, deren Anlass eine Beleidigung der Frau des ehemaligen Schreibers der Commende Langeln, Valentin Achtermann, gegen Marie Diedrichs ( als angeblich ehemals "verlauste und verlumpte Grafenhure", die es mit allen Schäfern getrieben habe) und Achtermanns Behauptung, Arndt v. Sandow bezahle noch nicht einmal seine Angestellten, waren (letzteres könnte infolge des desolaten Zustandes der Commende tatsächlich vorübergehend der Wahrheit entsprochen haben: es existieren Schuldzettel Arndt v. Sandows, die aber allesamt später von ihm eingelöst wurden);

c) eine – nach der Trennung Arndt v. Sandows von der Mutter seiner Kinder erfolgte – Klage gegen den Goldschmied Andreas Börner, der einen Teil des Silbers unterschlagen hatte, aus dem er für Marie einige neue Silberbecher anfertigen konnte (von der Sekundärliteratur missverstanden als Klage gegen Arndt v. Sandow, der diesem Schmied Geld für Schmuck schuldig geblieben sei, den er seiner Geliebten gekauft habe);

d) ein Prozeß gegen Arndt v. Sandow, den die Kommune Wasserleben gegen ihn angestrengt hatte.

Der letztgenannte Prozeß verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, weil hier zum einen deutlich wird, dass Arndt v. Sandow von seinen Gegnern anscheinend zu Recht als ein ziemliches "Schlitzohr" eingeschätzt wurde: die Commende Langeln und die Kommune Wasserleben teilten sich damals die Rechte an einem Waldstück, wobei die beiden Gebiete durch besonders gekennzeichnete Bäume voneinander abgegrenzt wurden. Ausgerechnet einen dieser Grenzbäume ließ Arndt v. Sandow (angeblich aus Versehen) fällen, was von den Wasserlebenern als Versuch gewertet wurde, den Ordensbesitz auf ihre Kosten auszuweiten. Es war nur folgerichtig, dass sie dagegen klagten. Im Zuge einer gemeinsamen Ortsbegehung mit Sachverständigen und Gerichtsvogt weigerte sich Arndt v. Sandow, irgend eine Schuld einzugestehen, obwohl es sich herausstellte, dass er tatsächlich einen Grenzbaum hatte fällen lassen. Daraufhin bot er "großzügig" einen Schadensersatz und die Begleichung der Prozesskosten an. "Leider" sei aber die Commende wie auch er selbst gerade knapp bei Kasse (wann war sie es zu seiner Zeit nicht?), aber womöglich könne er den Wasserlebenern ersatzweise gestatten, in einem anderen Waldstück des Ordens Holz für den Bau einer Schäferei zu schlagen. Ebenso "leider" hatten die Wasserlebener Zweifel daran, ob eine solche Transaktion überhaupt rechtmäßig sei. Arndt v. Sandow beanspruchte zwar für seine Commende das Recht zum Holzhandel - die Grafen von Wernigerode waren aber anderer Meinung und hatten schon mehrfach Holztransporte nach außerhalb verhindert. Eine Ausnahmegenehmigung des Grafen ermöglichte schließlich den Handel, jedoch mit der ausdrücklichen und eindeutigen Vorgabe, dass daraus keinesfalls eine Regel für die Zukunft abgeleitet werden dürfe. War Arndt v. Sandows "Versehen" womöglich der gezielte Versuch, der Commende durch Trickserei eine Bestätigung des Holzhandelsrechts zu verschaffen? Seine Kontrahenden hielten das offensichtlich für durchaus wahrscheinlich!

Ansonsten war Arndt v. Sandow auch ein kritischer Untergebener: so beschuldigte er den Landcomtur Joachim Ernst v. Hopfkorf in einem Brief an den Deutschmeister, die Commende Lucklum zu verschachern, da sich der Landcomtur dem Druck der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel gebeugt und durch Erbhuldigung deren Lehenshoheit anerkannt, sowie angeblich versucht hatte, einen Calvinisten als dortigen Comtur zu installieren. Offensichtlich traf Arndt v. Sandow auch in diesem Fall bei seinem obersten Vorgesetzten auf Zustimmung: der Deutschmeister protestierte energisch gegen die Erbhuldigung und erzwang schließlich deren Rücknahme.

Jan Daniel v. Priort auf einem Portrait in der ehemaligen Commende Lucklum,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Jan Daniel v. Priort

Als Joachim Ernst v. Hopfkorf 1645 starb, war wiederum Arndt v. Sandow als vorübergehender Stadthalter für die Wahl des Nachfolgers zuständig. Der anscheinend durch Arndt v. Sandow mit gewählte Jan Daniel v. Priort war erst 1639 dem Orden beigetreten, hatte aber innerhalb kürzester Zeit seine Fähigkeit als Comtur zu Burow unter Beweis gestellt, indem er diese heruntergekommene Commende ungeachtet des Krieges zum Blühen brachte. Auch als Landcomtur sollte Jan Daniel v. Priort sein Können noch deutlich genug unter Beweis stellen – so deutlich, dass ihm später neben der Leitung der Ballei Sachsen auch noch die der Ballei Hessen zusätzlich angeboten wurde. Doch das ist eine andere Geschichte...

Zunächst einmal stieß Jan Daniel v. Priort nach schnellen Anfangserfolgen auf einen zu überwindenden Widerstand in Form des Ordensritters Burchard v. Cram. Dieser erhob nach Wahl des Landcomturs den Anspruch, zum Comtur der Commende Burow ernannt zu werden. Unterstützt wurde er durch weitere Ordensritter, darunter auch Arndt v. Sandow. Was auch immer der Grund für die Unterstützung gewesen sein mag, so ist doch eines auf jeden Fall klar: dieser Streit gegen v. Priort war für Arndt v. Sandow ein Fehler!

Leopold Wilhelm v. Österreich auf einem Portrait in der ehemaligen Commende Lucklum,
Foto: G. M. Sbriglione

 

Visitation der Ballei Sachsen

Die Klagen über den Landcomtur führten nämlich 1652 zu einer Visitation der Ballei Sachsen im Auftrag des Deutschmeisters. Der Leiter dieser Visitation war schnell von den Fähigkeiten des Landcomturs überzeugt, dessen Maßnahmen er im Wesentlichen billigte. Bezüglich der Commende Langeln fiel sein Urteil jedoch gemischt aus: einerseits werde dort anscheinend ordentlich gewirtschaftet; andererseits sei aber die Rechnungsführung etwas unklar und der größte Teil der Einnahmen werde vom Comtur für den Unterhalt seines Sohnes und dessen Mutter verbraucht; dies jedoch verstoße nicht nur gegen die Regeln des Ordens, sondern werde auch von den Nachbarn als skandalös empfunden. Daher erging der Befehl des Deutschmeisters an den Landcomtur, dafür Sorge zu tragen, dass die "Altfrau" weggeschafft werde; der Sohn solle auf Kosten des Ordens – ebenfalls getrennt vom Vater – erzogen werden.

Arndt v. Sandow unternahm einige Versuche, sich seine Familie zu erhalten (u.a., indem er einflussreiche Freunde um Fürsprache anging). Gegenüber dem Landcomtur argumentierte er damit, dass er aufgrund seines hohen Alters auf Unterstützung durch die Altfrau angewiesen sei. Diese koste letztlich weniger, als sie einsparen helfe. Erfolg hatte er damit keinen...

 

Wappen des A.v.S. nach seinem zweiten verwendeten Siegel und der Beschreibung im "Siebmacher",
allerdings unter Verwendung der vermutlich wirklich genutzten Wappenfarben,
Zeichnung: G. M. Sbriglione

 

Letzte Lebensjahre und Nachwirken

Die letzten Lebensjahre Arndt v. Sandows wurden durch zunehmende Klagen über dessen schlechte Haushaltsführung verdüstert. Diese wurde im Wesentlichen seinem Alter zugeschrieben. Sie könnte aber sehr wohl auch ein Ausdruck von Depression aufgrund der Trennung von seiner Familie gewesen sein. Sicherlich spielte aber auch die Tatsache eine Rolle, dass die Commende infolge des 30jährigen Krieges hoch verschuldet war und diese Schulden nur langsam abbauen konnte.

Auf jeden Fall wurde die Commende noch zu seinen Lebzeiten verpachtet und er selbst, mit Ausnahme einiger weniger Aufgaben und Kompetenzen, weitgehend auf seinen Titel reduziert.

Arndt v. Sandow starb am 29.08.1663. Seine Ordensbrüdern veranstalteten im Folgejahr für ihn und seinen ebenfalls verstorbenen Amtskollegen und Freund Burchard v. Klencke (Comtur zu Göttingen) eine Leichenfeier in Lucklum. Beerdigt wurde er am 02.05.1664 in Langeln.

So endete das Leben dieses engagierten, intriganten, standhaften und schlitzohrigen Ordensritters, Comturs und gewesenen Statthalters des Deutschen Ordens.

Arndt v. Sandow war der letzte überlebende männliche Adelige seines Geschlechtes, da sein mit Marie Diercks gezeugter Sohn weder seinen Titel, noch den Besitz der Familie erben durfte.

Als nach Arndts Tod der Pachtvertrag über die Commende Langeln endete, gab es dort noch zwei weitere Comture. Später ging die Verwaltung Langelns aufgrund des desolat gebliebenen Zustandes der Commende endgültig auf die Zentrale in Lucklum über. Von den alten Gebäuden hat sich bis heute nur die Kirche erhalten, in der bestenfalls ein erhaltenes Altarbild aus der Zeit meines Vorfahren auf diesen zurückgehen könnte.

 

Abschließende Bemerkungen

Der vorstehende Text einschließlich der Fotos ist das zusammengefasste Ergebnis mehrerer Jahre, in denen ich in verschiedenen Archiven und Bibliotheken, aber auch an den Orten des Geschehens über Arndt v. Sandow recherchiert habe. Meine Forschung wurde mir insbesondere durch die starke Unterstützung zweier anderer Erforscher der Ballei Sachsen erleichtert, von denen der eine, Dr. Eduard Jacobs, bereits seit etwa 100 Jahren tot ist (seine Texte gehörten zu den für mich persönlich aufschlussreichsten Werken der Sekundärliteratur), der andere, Dr. Ernst Herbst, hingegen noch lebt und mich immer wieder freundlich beraten und mit interessanten Zusatzinformationen versorgt hat, wofür ich ihm hiermit herzlich danken möchte.

Gleichfalls danken möchte ich an dieser Stelle den derzeitigen Eigentümerfamilien der ehemaligen Deutschordenshäuser Berge und Lucklum, den MitarbeiterInnen der Pfarrämter der St. Johanniskirche in Göttingen und der evangelischen Kirche in Langeln für die Möglichkeiten zu Besuch und Besichtigung ihrer Gebäude, sowie den MitarbeiterInnen der Staatsarchive in Wolfenbüttel, Wernigerode, Potsdam und Berlin für die schnelle und unkomplizierte Bereitstellung der von mir genutzten Primärquellen.

Akten des Deutschordensarchives in Wien konnte ich leider nicht nutzen, da die dortigen Mitarbeiter auf entsprechende Anfragen nicht reagiert haben...

Sollte ein Leser dieser Internetseite Fragen bezüglich der meinen Ergebnissen zugrundeliegenden Quellen haben, gebe ich gerne bilateral Auskunft"Hobbykopierern" sei übrigens versichert, dass die von mir genutzten Fotos und Zeichnungen tatsächlich von mir persönlich stammen und ich auch die Eigentumsrechte dafür beanspruche. In begründeten Fällen bin ich aber (auf persönliche Anfrage) gerne bereit, sie auch anderen zur Mitnutzung zur Verfügung zu stellen (Kontakt: sbriglio(at)gmx.net).

 

Giacomo-Marco Sbriglione

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Copyright der Fotos, Abbildungen
und der Texte Giacomo-Marco Sbriglione 2013